Und so ist endlich die Zeit gekommen, um die Aktion „Übergabe Tioga“ zu verwirklichen. Stoffl macht sich also auf den Weg in einem Sammeltaxi, das ihn in südamerikanischer Manier – schnell, Nebenstraßen, hupen, bloß keinen Blinker verwenden – an die bolivianisch-peruanische Grenze nach Desaguadero bringt. Die Mitreisende neben ihm bekreuzigt sich freundlicherweise alle paar Minuten, offenbar reicht es für das gesamte Taxi, denn das Ziel wird unbeschadet erreicht. Nach einem Grenzübertritt mit etwas Nachdruck, denn eigentlich kann die Brücke zwischen Bolivien und Peru auch einfach überquert werden, ohne sich einen Stempel im Pass zu holen, und dem erforderlichen Papierkram, der notwendig ist, um am nächsten Tag wieder mit Fahrzeug in Bolivien einreisen zu können, bezieht Stoffl Quartier in einem Vierstern-Hotel, was allerdings nicht bedeutet, dass es Heizung am Zimmer gibt. Nach einer eiskalten Nacht mit den Geräuschen der Grenzfahrzeug-Dreiradler im Ohr erwacht Stoffl am Freitag zu neuen Geräuschen – es ist Markttag! Das Treiben, die vielen Marktstände und Massen an Menschen sind an und für sich für uns EuropäerInnen eine Attraktion. Will man allerdings mit einem 7,9m mal 2,5m mal 3m Ford Tioga durch Straßen fahren, durch die sich eigentlich nur mehr einzelne Menschen durchquetschen können, um eine Grenze zu überschreiten, wird man selber zu solch einer Attraktion. Nach einer herzlichen ersten Begegnung mit Carine, Andreas, Clara, Yan und Tobias, kann Andreas Stoffl gleich mal in die Kunst des Sich-mit-einem-fetten-Ami-WoMo-im-Schritttempo-durch-die-Gassen-Quetschens einweihen. Und schon ist eine Strecke von 1,5 km zwischen Peru und Bolivien in einer guten Stunde bewältigt. An der Grenze läuft dann tatsächlich alles nach Plan A. Wir sind nun also Fahrzeughalter eines Ford Tiogas mit 90 Tagen Fahrerlaubnis in Bolivien! Auf der Fahrt von Desaguadero nach La Paz wird eifrig geplaudert und kennengelernt, das Auto erklärt und ein Zwischenstopp bei der Prä-Inka-Ruinen-Stätte Tiwanaku gemacht. Die Herausforderung des Verkehrs von El Alto meistert Andreas mit freundlicher Ruhe und fädelt sich in die Garage von Gravity Bolivia als Standplatz für die nächsten Tage ein. Die ganze Aktion verfolgen Astrid, Io und Linus mehr oder weniger informiert in La Paz, fest die Daumen drückend und hoffend, dass Stoffl, Andreas, Carine, Clara, Yan und Tobias wohlbehalten in La Paz ankommen. Es ist ein freudiges und ausgelassenes Abendessen an diesem Tag, die eine Familie ist in 11 Monaten wohlbehalten von San Francisco bis La Paz gefahren, die andere Familie startet gerade freudig aufgeregt ins Abenteuer. Die 5 Kinder verstehen sich blendend und sind die nächsten Tage unzertrennlich. Es wird gespielt, gelacht, gespielt, gelacht, gespielt, gespielt, gespielt – und auf großem Matratzenlager genächtigt. Die Eltern beschäftigen sich mit putzen, waschen, erklären, fragen, reparieren, organisieren, einkaufen, antworten, räumen, ein- und auspacken – alles im Schutze der Garage von Gravity Bolivia, mit hilfsbereiter und unschätzbarer Unterstützung von Doña Rosa, Don Juan und Frederico. Wärmende Decken und Küchenkram werden am größten Markt Lateinamerikas in El Alto besorgt, Spielsachen von den reisenden Kindern an die noch nicht reisenden Kinder weiterverschenkt und unschätzbar wichtige Informationen über den Betrieb des Tiogas und Aufzeichnungen über Stellplätze und sehenswerte Orte an die demnächst Reisenden weitergegeben. Der Tioga soll unser Heim für 6 Monate sein, da braucht es so einige Vorbereitungen.
Fest steht: mit Andreas, Carine, Clara, Tobias und Yan haben wir die beste Familie gefunden, um solch eine Übergabe zu bewerkstelligen!