Pequeños Gigantes

Wir konnten nicht ahnen, dass das Straßendorf Limatambo, im Reiseführer mit einer halben Zeile erwähnt und durch eine Großbaustelle mit stundenlagen Straßensperren nun unser Übernachtungsplatz, uns so einen vergnüglichen Abend bereiten würde. Der Wanderzirkus „Circo Pequeños Gigantes“ hat sein in die Jahre gekommenes Zelt über das öffentliche Klo in einer winzigen Baulücke aufgestellt.  Die sechsköpfige Familie ist im Volleinsatz, die alleinerziehende Chefin, Señora Esmeralda, verkauft die Karten, tunkt Äpfel am Stiel in roten Zuckerguss, steckt gegrillte Würstchen auf Stangen, verkauft Popcorn, kümmert sich um das Enkelkind und hat ihren Auftritt mit deftigen Sprüchen in der Manege. Der jüngste Sohn gibt den Zirkusdirektor, überrascht mit einer spektakulären Akrobatiknummer und seiner Schlagfertigkeit, ein anderer Sohn im Clownskostüm bringt das Publikum mit einfachen und gut gemachten Witzen zum Lachen. Der Familienhund springt wie ein Flummi über selbst zusammengeschweißte Hindernissen. Der älteste Sohn schwingt sich hoch über den Köpfen des Publikums in türkisfarbenem weitausgeschnittenen Lycra-Kostüm am notdürftig befestigten Trapez bis an die Zeltwände, brilliert mit einer Seiltanznummer – in rotem Lycra - und weniger mit einer Zaubernummer und tritt als krönender Abschluss in Frauenkleidern auf. Im Hintergrund werkt die restliche Familie an der Technik. Die zwei Stunden auf den harten Holzbrettern, die als Bänke dienen, gemeinsam mit vielen begeisterten Kindern aus dem Dorf, Musik über der Audio-Schmerzgrenze und mehrfachen minutenlangen kompletten Stromausfällen vergehen wie im Flug. Wie schon so oft werden wir herzlich und gastfreundlich in der Dorfgemeinschaft aufgenommen, nur die Sache mit den Kängurus müssen wir fortwährend richtig stellen. Das Plaudern und Spielen mit den Kinder des Ortes und ein eiskalten Bad im örtlichen Schwimmbad, das vom Rio Apurimac gespeist wird, erfrischen für die Weiterfahrt.

Beim „Piedra de Sayhuite“ üben wir uns im Tiere erraten. Auf der Darstellung der Inkas – vermutlich wurden die vier Landesteile des Inkareichs festgehalten - sind auch Lebewesen in den großen Stein gemeißelt.

Das Interesse und die Herzlichkeit der PeruanerInnen begegnen uns wieder in Chalhuanca. Io und Linus werden wie selbstverständlich in das Spiel der Dorfkinder am Hauptplatz eingebunden, die Mütter tauschen mit Astrid Rezepte aus und geben den Tipp, dass man Haare durchaus auch färben kann.

Der Reporter vom örtlichen Radio in Puquio entdeckt eine weitere gute Story als er über das Fest „Virgen del Rosario“ berichtet, da unser Tioga den Weg zur Kirche versperrt. Die ÖsterreicherInnen im „casa rodante“ werden für die nächste Morgensendung interviewt, Stoffl parliert locker in seinem durch mehrere Werkstattbesuche perfektionierten Spanisch mit dem Señor Reporter, Astrid wird nach eine Botschaft an die Frauen von Puquio ersucht – grammatikalisch sorgt diese sicher für einen herzlichen Lacher bei den HörerInnen.

Auf unserem Weg von den Anden an die Küste nach Nasca legen wir unzählige Höhenmeter hinauf und hinunter mit fast schon vertrauten halsbrecherischen Serpentinen vorbei an den unterschiedlichsten Vegetationsarten und etlichen Vicuñas zurück. Auf 500 Metern Höhe lässt es sich wieder frei atmen, schnell laufen, man stolpert nicht mehr über die eigenen Füße, der Coca-Tee bleibt im Kastl und die Nudeln im Topf gelingen wieder.