El ombligo del mundo

Quito – Quicua für Mitte der Welt -empfängt uns mit seiner kolonialen Architektur und einer Gruppe von Männern, die Ecuvolley spielen, das Spielfeld wurde auf dem einzigen halbwegs planen Stück Straße weit und breit kurzerhand mit gelber Farbe aufgezeichnet. Unsere letzten Tage in Ecuador verbringen wir in einem wunderschön renovierten alten Haus, die Räume sind riesig, das dachlose Atrium mutet altrömisch an, die quitoniensische Regenzeitwetter bekommen wir so unmittelbar mit, die dicken Jacken sind wieder im Volleinsatz. Nach all den Aufregungen der letzten Tage streifen wir hungrig durch die extrem steilen Straßen– Calle Panama, Calle Guatemala, Calle Venezuela, Calle Estados Unidos, Calle Haiti, Calle Costa Rica – unseres Viertels, des Barrio America. Endlich finden wir ein Lokal, erst als das Essen am Tisch steht wird klar, wir sind in einem Spezialitätenlokal für Kutteln gelandet. Die Suppe schmeckt ohne Einlage auch gut.

So schlafen wir nun auf festem Boden und ohne Benzintank unterm Bett, die Kinder können die Beine komplett ausstrecken, Io fühlt sich in der Nacht einsam in ihrem eigenen Bett und dem großen Raum.

Das Regenwetter in Quito beschert uns einen vergnüglichen Kinoabend, ein letztes Mal erleben wir die Höhe und lassen uns von der TelefériQo rund 1000m höher auf den Vulkan Pichincha – den Hausberg von Quito – und stehen auf atemraubenden 4000m. Der Blick auf die Stadt ist zwar durch den dichten Nebel verstellt, das Erlebnis der Höhe allerdings gut spürbar.

Die letzte Mathematik-Schularbeit des Semesters wird bravourös erledigt und mit über 1700 Antolin-Punkten und einer „Escuela Casa Rodante“ –Schulnachricht beenden wir offiziell den Heimunterricht. Io und Linus haben den gesamten Semesterstoff und mehr erarbeitet, meistens hat es Spaß gemacht, miteinander zu lernen, manchmal war es für uns alle anstrengend. Wir sind unheimlich stolz auf Io und Linus, sie mussten unter den ungewöhnlichsten Bedingungen konzentriert den Schulstoff abwickeln – auf Campingtischen, mit dicker Jacke im Wohnmobil, auf Klettergerüsten, bei starkem Wind, in gleißendem Licht, bei Hitze, mit Haube und Handschuhen, auf über 4000m Höhe, auf Schrottplätzen, unter neugierigen Blicken von DorfbewohnerInnen, in tropischer Hitze - und dabei ihre Eltern als LehrerInnen akzeptieren. Und wir sind auch stolz auf uns Eltern, dass wir konsequent die Schulbücher ausgepackt haben, auch wenn Schlaf, Berg, Sonne, Stadt, Meer, Weiterfahren und Abenteuer gelockt haben.

In einem kleinen Laden lassen wir Schul-Porträtfotos von Io und Linus anfertigen. Es dauert ein wenig, denn der nette Señor Fotógrafo hat gerade weder Tinte für seinen Fotodrucker noch Fotopapier.

Wir wiederholen Spiel und Plauderei mit Pilar, Fabio, Miranda und Lorenzo, die aus Ibarra in Quito zu Besuch sind und lernen ein weiteres Familienmitglied, Juan, kennen. Der Abschied nach einem weiteren gemeinsamen ereignisreichen Tag fällt schwer, in kurzer Zeit haben wir gegenseitig unsere Herzen berührt und Freundschaft geschlossen, Kinder wie Erwachsene. Nos vemos, por supuesto!

Am letzten Abend erleichtern wir unser Gepäck um weitere 137g, Stoffls I-Phone – nein, es ist nicht gefälscht! – bleibt im Taxi liegen.

Ein letztes Durchstreifen der Stadt, ein traditioneller Besuch im Kindermuseum am Abreisetag, ein letztes Mal tres almuerzos, ein letztes Mal jugito de tomate de arbol trinken, ein letztes Mal mit dollaritos zahlen, ein letztes Mal das Adrenalin hochfahren für ein Überholmanöver mit dem Taxi – und wir machen uns mit unseren exakt abgewogenen Taschen und Kopf, Bauch, Herz und Seele voll Glück über diese einmalige Zeit in Südamerika und Vorfreude auf zu Hause auf zum Flughafen.