Casa, dulce casita

Mit all unserem Gepäck am Flughafen angekommen, tritt zunächst einmal Entspannung ein, denn die Waage beim Check-in zeigt genauso viel an wie unsere Kofferwaage einige Stunden zuvor. Also können die Taschen beruhigt auf das Förderband. Der Zufall will es, dass Astrid aus der Gruppe der PassagierInnen mitausgewählt wird, um gemeinsam mit ernst dreinschauenden ecuadorianischen Polizisten zwei Gepäcksstücke, die schon auf dem Weg in den Frachtraum waren, nochmals zu öffnen. Die Spannung steigt, denn gerade in diesen Taschen, die von uns über Tage millimeter- und grammgenau gepackt wurden, ist so dies und das, über deren Ausfuhr wir uns nicht so ganz sicher waren. Einem Señor wird sein gesamter Kofferinhalt umgedreht, die Hohlräume diverser Mitbringsel werden in aller Ruhe mit dem Leatherman angeritzt, um eventuell Verbotenes zu entlarven. Das Schlimmste fürchtend – es ist gerade noch eine halbe Stunde bis zum tatsächlichen Abflug unseres Fliegers – öffnet der junge Señor Polizist in signalgelb probeweise einen Reißverschluss 5cm weit, linst hinein– „?solamente ropa, si?“ „!si, si, solamente ropa y zapatos!“ – und verliert über ein angeregtes Gespräch über unsere Reise und die Vorzüge Ecuadors sogleich das weitere Interesse an unserem Tascheninhalt. Der lange Flug nach Hause in der sitzplatzmäßig knapp bemessenen Iberia-Economy kann somit losgehen. Der hintere Sitznachbar outet sich mit seinem rücksichtslosen und unfreundlichen Verhalten sogleich als garantiert nicht südamerikanisch. Beim Zwischenstopp in Madrid geben wir uns die zivilisatorische Dröhnung mit einem Essen bei McDonalds – Stoffl isst sogar das Gurkerl im Burger mit! – und Computerspielen am Tisch. Europa hat uns wieder!

Unsere FreundInnen und Familie haben die Augen eisern offen gehalten – wir werden herzlich zu später Stunde am Flughafen Schwechat empfangen, aus mitgebrachten Taschen tauchen Mannerschnitten, Topfengolatschen, knuspriges frisches Brot, Mozartkugeln und Sekt auf, zu Hause empfängt uns Elke mit frischen Topfenknödeln! Io und Linus freuen sich unheimlich über all die Spielsachen, die in ihrem Zimmer auf sie gewartet haben und spielen um halb 2 in der Früh seelig mit Cousine Pauline und Cousin Nils Playmobil.

Das Wochenende verbringen wir mit Jet-Lag wegschlafen und dem freudigen Wiedersehen mit vielen der Menschen, die in den letzten sieben Monaten in Gedanken unsere Reise mitgemacht haben. Es fließen Freudentränen, es wird gelacht und geplaudert, Neuigkeiten ausgetauscht, Köstlichkeiten aufgetischt, endlich sehen wir uns alle live wieder! Wir haben große Freude am Verschenken unserer bolivianischen, peruanischen und ecuadorianischen Mitbringsel, die bei der Rückreise einen guten Teil unsere Gepäcks ausgemacht haben. Und mit unserer Rückkehr kommt auch der langersehnte Schnee in Wien an!

Io und Linus bestehen trotz verschobenem Biorhythmus auf einen sofortigen Schulbeginn – alle haben sich auf diesen Moment gefreut, es gibt dicke Umarmungen und liebevoll gestaltet Willkommensgrüße.

So leben wir uns wieder ein in unser Leben in Wien, das so vertraut wirkt, sich durch sieben Monate auf einem anderen Kontinent, das Leben im Wohnmobil und die Freiheit des Reisens doch irgendwie anders anfühlt. Die Gewöhnung an schier unbeschränkte Ressourcen, volle Kästen und Regale und eine mitteleuropäische Großstadt dauert etwas.

Wir haben soviel Neues gesehen, Einmaliges erlebt, über Einzigartiges gestaunt. Wir haben Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft, Offenheit, Vertrauen und Freundschaft erfahren, wir sind beschenkt worden mit Erfahrungen und Eindrücken. Wir haben mit unserer Reise unsere Spuren auf der anderen Seite der Erdhalbkugel hinterlassen, Wege gekreuzt, haben uns begleiten lassen und begleitet. Südamerika, die Farben, die Kultur, die Märkte, die Sprache, die Küche, seine Menschen und unsere Reise-Begegnungen haben unser Herz berührt. Wir sind als Familie, als Paar, als Eltern, als Menschen gewachsen.

Wir sind gespannt darauf, wie die Reise in uns und unserem Leben nachwirkt. Ganz sicher wissen wir: diese Reise zu machen, war die beste Entscheidung!